In einem zweiseitigen Markt bestimmen die Kartenherausgeber, mit welchem Produkt der Kunde bezahlt. Der Handel kann nur Karten akzeptieren und hat in einem starken Wettbewerbsumfeld kaum Möglichkeiten, Karten abzulehnen. Viele Händler scheuen jedoch die Akzeptanz von Debitkarten aufgrund der deutlich höheren Gebühren.
Laut Ulrich Binnebößel, Experte für Zahlungssysteme beim Handelsverband, zahlen Händler bei Debitkarten "höhere Gebühren pro Transaktion" wie bei der girocard. Während bei der girocard etwa 0,2 Prozent des Umsatzes berechnet werden, sind es bei Debitkarten etwa 0,8 bis 1 Prozent. In der Summe aller Kosten bedeutet dies, dass bei einer Zahlung von z.B. 40,00 EUR die Transaktionskosten bei 0,23 EUR liegen. Hinzu kommen die Kosten für die Gutschrift des Betrages auf dem Geschäftsgirokonto.
Globale Marken sind auf dem Vormarsch und ermutigen Kartenherausgeber, eigene Karten herauszugeben. Gleichzeitig steigen die Gebühren für Kartenzahlungen. Schätzungen gehen davon aus, dass die jährlichen Kosten deutscher Händler für die Akzeptanz von Kartenzahlungen seit der MIF-Regulierung im Jahr 2015 um 126 Millionen Euro gestiegen sind, da die Scheme Fees von den globalen Kartensystemen erhöht wurden. Dies wirft die Frage auf, ob die girocard gefährdet ist, insbesondere mit dem Aus für Maestro.
Durch die Akzeptanz weiterer Zahlungssysteme am Point of Sale (PoS) und das Angebot einer breiten Palette von Zahlungsoptionen können Handelsunternehmen die Bedürfnisse ihrer Kunden erfüllen und ihre Wettbewerbsfähigkeit in einer sich wandelnden Zahlungslandschaft stärken. Digitale Zahlungssysteme, aber auch die Debitkarten, müssen daher in den Zahlungsmix aufgenommen werden.
Auch wenn die girocard inklusive Maestro teilweise noch bis 2027 im Umlauf sein wird, sollten Handelsunternehmen ihren Zahlungsmix bereits heute an die Präferenzen der Kunden anpassen.
Verfahren | Händlerentgelt vom Umsatz |
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Maestro / VPAY IC+ | 0,39% |
MasterCard / Visa IC+ | 0,55% |
JCB / UnionPay / Diners / Discover IC+ | 1,40% |
Ein weiteres Problem ist das sogenannte Mono-Badging. Es wird zunehmend von Vereinbarungen berichtet, bei denen Debitkarten ohne das girocard-System ausgegeben werden. Dies schränkt die Anzahl der Transaktionen, die über das girocard-System abgewickelt werden können, ein und reduziert den Wettbewerb im Markt. Nach Angaben der Zahlungsverkehrsberatung CMSPI könnte der Verlust des girocard-Systems den deutschen Handel jährlich rund 200 Millionen Euro kosten und den Wettbewerb im Routing unterbinden.
Eine weitere Gefahr für die girocard ist die Verbreitung digitaler Geldbörsen. Händler können Transaktionen über digitale Geldbörsen in der Regel nicht routen. Ohne eine gesetzliche Verpflichtung könnten kartenbasierte Wallets wie Google Pay den Zugang der Händler zum girocard-System einschränken.
Eine mögliche Lösung wäre die Einführung eines verpflichtenden Co-Badging. Das bedeutet, dass alle Debitkarten mit mindestens zwei unabhängigen Kartensystemen ausgestattet sein müssen. Damit könnte die Praxis des Mono-Badging in Deutschland beendet und die Marktposition der girocard geschützt werden. Ein ähnliches Modell, das Durbin Amendment in den USA, hat auch ohne strikte Gebührenobergrenzen bereits zu einem erheblichen Kostendruck geführt.
Eine weitere Maßnahme wäre die Schaffung einer Wahlmöglichkeit für Händler. Dies würde den Wettbewerb und die Fairness auf dem Zahlungsverkehrsmarkt fördern und letztlich den Verbrauchern zugutekommen. Eine Studie zeigt, dass deutsche Händler jährlich bis zu 192 Millionen Euro einsparen könnten, wenn sie für alle Transaktionen das kostengünstigste Verfahren wählen könnten.
Um den Wettbewerb zu erhalten, werden zudem gleiche Regeln für alle kontogebundenen Debitkarten gefordert. Derzeit sind die Gebühren der girocard aufgrund des Wettbewerbsschutzes bereits verhandelbar, dies gilt jedoch nicht für andere Kartenzahlungssysteme in Deutschland. Daher wird gefordert, dass alle Kartenzahlungen aller Anbieter verbindlich verhandelbar sein sollten.
Eine alternative Abwicklungsmöglichkeit über die girocard besteht bereits durch das Auslesen der IBAN. Andere Debitkarten bieten diese Möglichkeit jedoch nicht. Es wird daher gefordert, dass alle kontogebundenen Karten die IBAN verpflichtend verwenden müssen. Damit hätten Händler immer die Möglichkeit, auf das Elektronische Lastschriftverfahren (ELV) auszuweichen. Mit dem neuen Euro-ELV-Standard ist sogar kontaktloses ELV per Dauermandat möglich. Globale Marken sollten daher auf Augenhöhe mit der girocard agieren.
Der Handelsverband betont, dass der Erhalt der girocard als Zahlungsoption für den Handel entscheidend ist. Die girocard ist das meistgenutzte und kostengünstigste Zahlungsverfahren in Deutschland.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die girocard durch regulatorische Eingriffe wie ein verpflichtendes Co-Badging und die Schaffung gleicher Regeln für alle kontogebundenen Debitkarten geschützt werden könnte. Dies würde den Wettbewerb erhalten und Lösungen für Kartenzahlungen ermöglichen. Außerdem wird eine Anpassung der MIF-Verordnung gefordert, um Scheme Fees und Corporate Cards einzubeziehen und Surcharging zuzulassen.
Im Endeffekt ist es ein Eigeninteresse eines jeden Handelsunternehmens, den Zahlungsmix an die Vorlieben seiner Zielgruppe anzupassen. Mobile Payment und Kreditkarten gehören in den Alltag unserer Kundschaft. Daher sollten diese Zahlungsmittel auch zum Alltag im Handelsbetrieb gehören. Wenn Sie weitere Fragen haben, dann hilft Ihnen gerne unser Expertenteam.